HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT
27.08.2025
EuGH: Asymmetrische Gerichtsstandsklauseln sind unter bestimmten Voraussetzungen gültig
Am 27. Februar 2025 (Az. C-537/23) entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Gültigkeit von asymmetrischen Gerichtsstandsklauseln im Rahmen der Brüssel-I-Verordnung. Eine solche Klausel gibt einer Partei das Recht, Klage bei einem beliebigen Gericht zu erheben, während die andere Partei an einen bestimmten Gerichtsstand gebunden ist.
Hintergrund
Das Verfahren wurde durch ein Vorabentscheidungsersuchen eines französischen Gerichts (Cour de cassation) ausgelöst. Es ging um einen Streit zwischen zwei Unternehmen, bei dem der zugrunde liegende Vertrag eine asymmetrische Gerichtsstandsklausel enthielt. Solche Klauseln benennen ein Gericht als exklusiv zuständig, geben aber gleichzeitig einer der Parteien (häufig der stärkeren, z.B. einer Bank) die Möglichkeit, Klage bei jedem anderen zuständigen Gericht zu erheben.
Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH entschied, dass eine asymmetrische Gerichtsstandsklausel grundsätzlich unter die Brüssel-Ia-Verordnung fallen kann, die die gerichtliche Zuständigkeit in der EU regelt. Für die Gültigkeit einer solchen Klausel ist es entscheidend, dass sie die Anforderungen an eine eindeutige und bestimmte Gerichtsstandsvereinbarung erfüllt.
Die Klausel muss so formuliert sein, dass das Gericht oder die Gerichte, an die sich die Parteien wenden können, klar identifizierbar sind. Eine Klausel, die einer Partei die Wahl gibt, „jedes andere zuständige Gericht“ anzurufen, ist nur dann wirksam, wenn dieses „andere Gericht“ auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmbar ist, die im Vertrag genannt werden.
Bedeutung für das internationale Wirtschaftsrecht
Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Vertragspraxis im internationalen Geschäftsverkehr.
Der EuGH schafft Klarheit darüber, unter welchen Bedingungen asymmetrische Klauseln gültig sind. Dies reduziert die Rechtsunsicherheit für Unternehmen, die solche Klauseln verwenden.
Unternehmen müssen ihre Klauseln nun sorgfältiger formulieren, um die Anforderungen des EuGH an die Bestimmtheit zu erfüllen. Allgemeine Formulierungen, die es einer Partei erlauben, ohne klare Kriterien jedes beliebige Gericht anzurufen, sind riskant.
Das Urteil gilt in erster Linie für B2B-Beziehungen (Business-to-Business), aber die Prinzipien können auch auf Verträge mit Verbrauchern übertragen werden. Es unterstreicht die Notwendigkeit, dass die Zuständigkeit der Gerichte immer klar und transparent geregelt sein muss.