Arbeitsrecht

10.09.2020

Bundesarbeitsgericht zur Kündigungsfrist bei einem Fremdgeschäftsführer

Mit Urteil vom 11.06.2020, (Az. 2 AZR 374/19) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass für die Kündigung eines sog. Fremdgeschäftsführers (der also nicht zugleich Gesellschafter ist) nicht die Kündigungsfristen wie für einen Arbeitnehmer nach § 622 BGB gelten (Staffelung der Kündigungsfrist nach Dauer des Arbeitsverhältnisses), sondern die Kündigungsfristen des § 621 BGB (Staffelung der Kündigungsfrist nach Bemessung der Vergütung).

Anmerkung RA Greiner:

In manchen Kommentierungen dieses Urteils wird gesagt, das Bundesarbeitsgericht würde sich damit gegen eine anderslautende Entscheidung/Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen. Das aber ist so nicht ganz richtig. Die in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs stammt noch zu § 622 BGB alter Fassung, also vor der Neureglung nach dem Kündigungsfristengesetz im Oktober 1993.

Ein weiterer Aspekt blitzt in diesem Urteil auf, der leicht übersehen werden kann. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war es so, dass der Geschäftsführerin das Geschäftsführerdienstverhältnis zuerst gekündigt und sie erst später als Geschäftsführerin abberufen worden war.

Das Bundesarbeitsgericht führt dazu aus:

"Die Klägerin war im Zeitpunkt des Gangs der Kündigung noch zur Geschäftsführerin der Beklagten bestellt. An der Stellung als Organmitglied im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG hatte sich durch die Beschränkungen ihrer Vertretungsmacht im August 2017 nichts geändert (vgl. BAG 21. September 2017 - 2 AZR 865/16 - Rn. 24). Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen bestehen keine Anhaltspunkte, dass ihr die Stellung als Geschäftsführerin in rechtsmissbräuchlicher Weise lediglich deshalb belassen worden war, um ihr Anstellungsverhältnis einfacher kündigen zu können."

Das Bundesarbeitsgericht deutet damit auf eine Problematik hin, die in der Praxis eine wichtige Rolle spielt. Nicht selten ist es nämlich so, dass ein Geschäftsführer/eine Geschäftsführerin zuerst von der Gesellschafterversammlung abberufen wird und zu einem späteren Zeitpunkt erst das Geschäftsführer Anstellungsverhältnis gekündigt wird. In der Zwischenzeit arbeitet der/die Geschäftsführer(in) mit stark eingeschränkten Befugnissen weiter. Dies kann dann dazu führen, dass dieses Geschäftsführeranstellungsverhältnis als Arbeitsverhältnis angesehen wird, mit der Folge, dass der/die Geschäftsführer(in) als Arbeitnehmer(in) angesehen wird. In diesem Falle wird nicht nur die Kündigungsfristen für Arbeitnehmer nach § 622 BGB gelten, sondern möglicherweise auch ein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz bestehen.